Bogensport und Meditation?

Manchmal bekommt man den Eindruck, als sei der Bogensport etwas sehr esoterisches, da die Literatur zu diesem Thema in der letzten Zeit stark anwächst und selbsternannte Gurus durch die Lande ziehen.

Aus dem asiatischen Bereich ist Kyudo bekannt, eine Disziplin, die auch aufgrund von Eugen Herrigels Buch "Zen in der Kunst des Bogenschießens" im Westen vermeintlich bekannt geworden ist. Doch Herrigels Ansatz ist umstritten (vgl. z. B.  Yamada Shoij, The Myth of Zen in the Art of Archery, Japanese Journal of Religious Studies, 2001). Auch muss man sehen, dass es viele Schulen des Kyudo gibt, die unterschiedliche Ziele verfolgen. Nicht in allen Schulen wird "meditativ" begonnen, es gibt sehr wohl viele anerkannte Schulen, die zuerst die Technik ausarbeiten und sich dann erst dem eigentlichen "Do" zuwenden - wenn es auf den ersten Dan zugeht.

Genau darauf basiert mein großes "Aber": nur, weil im Kyudo ein Bogen eingesetzt wird und jemand ein Buch darüber geschrieben hat, heißt das noch lange nicht, dass der Bogen die Meditationshilfe schlechthin ist. Wieso auch? Es gibt viele Formen, einen Weg ("Do") zu gehen. Der Bogenweg ist nur einer von vielen Möglichen. Und bevor die Technik nicht stimmt, solange man noch mit dem Bogen und seinem Körper kämpfen muss, solange macht es keinen Sinn, zu versuchen, einen freien Geist zu bekommen. Ein Spaziergang oder ein gutes Buch hilft dann viel weiter.

Ich wende mich nicht grundsätzlich gegen den "Weg des Bogens", man muss sich nur darüber im Klaren sein, was dies bedeutet. Ohne die Beherrschung der Technik, des Bogens selbst, ist der Weg als solcher nicht vorbereitet.

Was der Bogensport aber in jedem Fall darstellt, ist eine wunderbare Freizeitbeschäftigung. Selbstverständlich ist ein freier Kopf die Voraussetzung für einen guten und womöglich auch erfolgreichen Pfeilflug. Aber: bei welcher Tätigkeit ist es nicht erforderlich, sich zu konzentrieren, gleichzeitig den Kopf zu leeren und alle anderen Gedanken beiseite zu lassen? Insofern läuft es beim Bogensport auch nicht anders als sonst auch.

 

Davon ab: einfach nur zum Vergnügen ein paar Pfeile fliegen lassen, das reicht doch schon aus, oder?

Wer "mehr" will, kann dies sicherlich bekommen, aber wie gesagt, dazu gehört mehr, als nur den Bogen in der Hand zu halten, auch wenn so mancher etwas anderes herein interpretieren möchte.